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Basics
27 Dezember 2017

Welche Entwicklungen haben Sie in der Region seit dem Antritt Ihrer Funktion als Sonderbeauftragter des Amtierenden Vorsitzenden der OSZE für den Südkaukasus miterlebt?

Bezüglich der Folgen des Krieges in Georgien von 2008 ist in erster Linie festzustellen, dass es seit der Sechs-Punkte-Waffenstillstandsvereinbarung vom August 2008 zu keinen Kampf­handlungen mehr kommt und ein „negativer Friede“ herrscht. In den Internationalen Genfer Gesprächen, die sich mit Sicherheitsvereinbarungen und humanitären Fragen beschäftigen, hat man sich zum Ziel gesetzt, die Lage stabil und ruhig zu halten und jegliche neue militärische Konfrontation vor Ort zu verhindern. Ich denke, die Genfer Gespräche haben geholfen, das zu erreichen; es gibt hier eine Art von Kontinuität.

Gleichzeitig beobachten wir in den letzten Jahren eine Vertiefung der Kluft zwischen dem von Tiflis kontrollierten Gebiet und seiner Bevölkerung einerseits und den Gebieten unter der Kontrolle der De-facto-Behörden in Suchumi und Zchinwali andererseits, wo der Einfluss Russlands stark zu spüren ist und die auf vielerlei Weise mit der Russischen Föderation verbunden sind, auch durch so genannte Verträge über ein „Bündnis und eine strategische Partnerschaft“ beziehungsweise über „ein Bündnis und Integration“. In gewisser Weise vertieft sich also die Kluft, auf beiden Seiten driftet die Gesellschaft und Bevölkerung auseinander und es wird immer anstrengender, die Lage stabil zu halten.

Bis zu einem gewissen Grad beruht das Genfer Gesprächsformat auf einer unklaren Grundlage, die Teilnehmer treten in persönlicher Eigenschaft auf, da sie einander nicht alle als offizielle Vertreter anerkennen. Das ist eine Herausforderung. Wir müssen die Kluft überbrücken, aber sie wird größer und größer.

Als Sonderbeauftragter für den Südkaukasus umfasst Ihr Zuständigkeitsbereich auch den Bergkarabach-Konflikt. Wie haben sich die Feindseligkeiten an der Kontaktlinie im April 2016 auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Interessanterweise liegen für den Bergkarabach-Konflikt schon einige Grundlagen für den endgültigen Status auf dem Tisch, doch verfügen wir über keine richtige Verhandlungs­architektur. Von beiden Seiten wird immer wieder urgiert, etwas zur Umsetzung dieser Visionen und Grundsätze zu tun, was dann zu Eskalation und neuerlichen Kampfhandlungen führt. Im Zusammenhang mit Georgien werden keine Diskussionen über den endgültigen Status oder Grundsätze geführt, aber glücklicherweise haben wir den Genfer Prozess, um die Lage stabil zu halten. Bezüglich Bergkarabach ist nach dem Gewaltausbruch im April 2016 auch noch der letzte Rest Vertrauen beschädigt worden. Das jüngste Treffen der Präsidenten von Armenien und Aserbaidschan in Genf ist natürlich wichtig und in gewisser Weise ermutigend. Aber ein bilaterales Treffen der Präsidenten allein leitet noch nicht automatisch einen Verhandlungsprozess ein.

Der Schweizer OSZE-Vorsitz 2014 erarbeitete ein Non-paper über einen strukturierten Verhandlungsprozess, der alle Elemente und Details eines vollwertigen Verhandlungs­prozesses umfasst; wir haben dieses Paper den nachfolgenden Vorsitzen und allen Beteiligten immer wieder vorgelegt, und vielleicht findet es ja eines Tages Verwendung. Auch haben wir letztes Jahr unter dem deutschen OSZE-Vorsitz einiges an Zeit investiert, zunächst in die Entwicklung der Idee, die Beobachtermission des Sonderbeauftragten des Amtierenden Vorsitzenden für den Konflikt, mit dem sich die Minsk-Konferenz der OSZE befasst, zu stärken. Es herrschte Einvernehmen zwischen den Präsidenten in St. Petersburg, das aber noch nicht konkret umgesetzt wurde. Es ist eine sehr kleine Mission, die die Kontaktlinie und Staatsgrenze zwischen Armenien und Aserbaidschan beobachtet, und wir sprechen von einer Aufstockung von sechs auf dreizehn internationale Mitarbeiter. Der österreichische Vorsitz entwickelte dieses Konzept weiter und vor Kurzem kam Bewegung in diese Frage, sodass die Aussicht auf eine Umsetzung 2018 realistisch erscheint. Parallel dazu entwarfen wir ein Non-Paper über einen Mechanismus zur Untersuchung von Waffenstillstandsverletzungen – eine weitere vertrauensbildende Maßnahme, die noch nicht umgesetzt wurde.

Sie sind gemeinsam mit Vertretern der Europäischen Union und der Vereinten Nationen Kovorsitzender bei den Internationalen Genfer Gesprächen. Welchen Ansatz schlagen Sie vor, um die Dinge voranzubringen?

Die Kooperation der drei Kovorsitzenden funktioniert sehr gut. Wir arbeiten eng zusammen, obwohl wir aus verschiedenen Organisationen mit unterschiedlichen Aufgaben kommen. Dieses Setting ist für die Gespräche sehr hilfreich. Die VN und die OSZE sind inklusive Organisationen – Georgien, Russland und die Vereinigten Staaten sind gleichermaßen Mitglieder –, während die EU eine im Westen angesiedelte europäische Organisation ist, die zwar die Interessen Georgiens unterstützt, aber auch von anderen, einschließlich Russland, als vertrauenswürdige Vermittlerin angesehen wird.

Grundsätzlich verfolgen wir zwei Herangehensweisen. Einerseits versuchen wir, so proaktiv wie möglich vorzugehen, ohne allzu sehr zu insistieren, das heißt, wir geben Anstöße und suggerieren den Beteiligten, dass sie – selbst wenn sie beim Status quo bleiben wollen – sehr wohl gemeinsam Dinge tun können, ohne die Lage politisch aufzuladen. So haben wir zum Beispiel eine Reihe von Non-Papers über bewährte Verfahrensweisen im Umgang mit der Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen, Bewegungsfreiheit, Sicherheits- und Vertrauensbildung und die Wahrnehmung von Bedrohungen ausgearbeitet. Es bleibt dann den Beteiligten überlassen, diese aufzugreifen und sie gegebenenfalls mit unserer Hilfe im Prozess einzusetzen.

Die andere Herangehensweise ist sehr pragmatisch und auf kleine Schritte konzentriert. Wir erwarten keinen großen Durchbruch oder große Veränderungen – das entspricht nicht unserem Auftrag. Wir müssen ausgewogen vorgehen, denn wenn wir zu aktiv sind und den Blick zu weit nach vorne richten, könnten wir leicht in die eine oder andere Falle tappen. Bei den Gesprächen gibt es zwei Arbeitsgruppen – eine zu Sicherheitsfragen und eine über humanitäre Fragen. Derzeit konzentrieren wir uns in der Arbeitsgruppe über Sicherheit auf eine sehr einfache Erklärung über die Nichtanwendung von Gewalt, die dann die Grundlage für gehaltvollere Beratungen über Sicherheitsvereinbarungen sein könnte, einschließlich über die Sicherheit vor Ort und Vertrauensbildung.

In der Arbeitsgruppe zu humanitären Fragen behandeln wir ein ziemlich breites Spektrum an Themen. Die Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen zählt zu den schwierigsten Fragen, in denen wir derzeit nicht wirklich vorankommen. Gleichzeitig befassen wir uns mit dem kulturellen Erbe, Archiven, Sprache, Bildung, Bewegungsfreiheit und Dokumentation. Es gibt auch Umweltfragen: derzeit kümmern wir uns um das gravierende Problem der Buchsbaumzünsler und die Schädlingen an Haselnusssträuchern und anderen Pflanzen, die eine wichtige Einkommensquelle für die Bevölkerung beiderseits der Trennlinie darstellen. Hier versuchen wir, mit Rat und Tat sowohl kurz- als auch langfristig zu helfen. Der österreichische Vorsitz veranstaltete dazu letztes Jahr auch einen Workshop in Wien, und wir hoffen, dass die OSZE dank ihrer umfassenden Expertise im Umweltbereich auch weiterhin zu dieser Frage beitragen kann.

Manchmal organisieren wir am Vortag von Gesprächen einschlägige Informations­veranstaltungen. So luden wir zum Beispiel europäische Experten zum Thema mehr­sprachiger Unterricht ausgehend von der Muttersprache ein. Diese Informations­veranstaltungen sind für die Beteiligten sehr hilfreich. Das heißt nicht, dass sie alle Ideen unverzüglich und ohne Weiteres umsetzen, aber sie werden sich vielleicht klarer darüber, was getan werden könnte und sollte. Im Idealfall konnten wir daran einige Projekte anknüpfen. Zur Frage des mehrsprachigen Unterrichts arbeitet zum Beispiel UNICEF aktiv vor Ort mit Lehrern und anderen im Bildungsbereich tätigen Personen zusammen.

Im Juni hielten wir eine Informationsveranstaltung nach dem Beispiel von Zypern über vorbildliche Vorgehensweisen für ein Zusammenarbeiten über Trennlinien hinweg und Mobilität. Es war sehr interessant zu sehen, wie selbst unter schwierigen Bedingungen Grenzübergänge pragmatisch organisiert werden können, um den Menschen das Leben zu erleichtern. In den Gebieten, mit denen sich die Genfer Gesprächen befassen, gibt es den Trend, Zäune zu errichten und an einigen wenigen kontrollierten Übergängen Grenzposten einzurichten. Die Menschen beiderseits der Trennlinie haben oft sehr enge, manchmal verwandtschaftliche Verbindungen und wollen natürlich über die Trennlinie hinweg miteinander kommunizieren.

Im Mechanismus zur Verhinderung und Regelung von Zwischenfällen (IPRM) in Ergneti erörterten wir zum Beispiel den Fall eines Georgiers, dessen Frau aus Ossetien stammt, der dort ein Haus besitzt und Mitbesitzer eines kleinen Obstgartens mit Apfelbäumen und ein paar Weinstöcken ganz in der Nähe der administrativen Grenzlinie ist, wobei diese direkt durch den Obstgarten verläuft. Er wurde auf seinem eigenen Grund und Boden von Grenzbeamten der Russischen Föderation festgenommen und, entsprechend der üblichen Vorgehensweise, den De-facto-Behörden in Zchinwali übergeben. Festgenommene Personen landen in der Regel im Gefängnis von Zchinwali, wo sie nach einer Gerichtsverhandlung meistens innerhalb von einigen Tagen und nach Bezahlung von ungefähr 2 000 Rubel wieder freigelassen, zurückgebracht und der georgischen Polizei übergeben werden. Dieser Mann wurde direkt zu seinem Obstgarten zurückgebracht. Der Fall wurde auf einem Treffen im Rahmen des Mechanismus zur Verhinderung und Regelung von Zwischenfällen (IPRN) erörtert, und die georgischen Teilnehmer würdigten die Tatsache, dass in diesem Fall nicht mit der vollen Härte des Gesetzes vorgegangen wurde.

Die Mechanismen zur Verhinderung und Regelung von Zwischenfällen (IPRM) in Ergneti und Gali sind deshalb so hilfreich, weil sie sich mit praktischen Problemen vor Ort auseinandersetzen. Können Sie uns einige Erfolge des Ergneti-IPRM nennen, die in der Zeit ihres Kovorsitzes bei diesen Treffen erreicht wurden?

Die Mechanismen zur Verhinderung und Regelung von Zwischenfällen sind vielleicht das bisher nützlichste Ergebnis der Internationalen Genfer Gespräche. In Ergneti haben bereits 83 IPRM-Treffen stattgefunden. Dort sind nicht nur Politiker Ebene vertreten sondern auch Fachleute, und das funktioniert sehr gut. Gelegentlich kommt es zu hitzigen politischen Debatten, fast so wie in den Genfer Gesprächen, zum Beispiel zu Fragen der Grenzziehung und darüber, wo nach Ansicht einiger Beteiligten eine Grenze verläuft; hier kommen wir nicht sehr gut voran. Aber es ist uns gelungen, einige praktische Probleme, zum Beispiel Wasserprobleme, zu lösen. Generell konnte die OSZE im Bereich der Bewässerung einiges bewirken: unter anderem die Instandsetzung der Staumauer von Sonkari – bei der es sowohl um die Erhöhung der Sicherheit der örtlichen Bevölkerung wie auch um die Sicherstellung der Wasserversorgung für die Bewässerung ging. Bei diesem Projekt und im Rahmen anderer Wasserfragen arbeiteten die technischen Experten beiderseits der Trennlinie in der Praxis gut zusammen, was etwa beim Bewässerungssystem von Tiriponi besonders notwendig ist, da es beiderseits der Linie liegt. Im letzten Sommer, der sehr heiß und trocken war, herrschte an manchen Orten großer Trinkwassermangel.

Eine weitere heikle Frage und Gegenstand langwieriger Diskussionen ist der Zugang der einheimischen georgischen und ossetischen Bauern zu ihrem Land, das sich in der Nähe der administrativen Grenzlinie befindet oder von ihr durchschnitten wird. Wir stellen jedoch fest, dass die Fälle auf Ebene einzelner Bauern mit einer gewissen Nachsicht und Flexibilität gehandhabt werden. Das Hauptproblem für die einheimische Bevölkerung rührt daher, dass es verwirrenderweise zwei verschiedene Linien gibt, die ihnen physische Grenzen setzen: einerseits die administrative Grenzlinie für Zchinwali und die Grenzbeamten der Russischen Föderation, die auf die administrativen Verwaltungseinheiten der Sowjetzeit zurückgeht. Die andere Linie wird von den alten Flurgrenzen gebildet, die noch aus der Zeit vor der Sowjet­union stammen. Einige Bauern, die auf der von Tiflis verwalteten Seite leben, besitzen eingetragene Grundstücke, die bis zu der teilweise nördlich der administrativen Grenzlinie verlaufenden Katastergrenze reichen, beziehungsweise haben unter Umständen einige Anrainer auf der nördlichen Seite der administrativen Grenzlinie möglicherweise seit Alters her Grundstücke in Nutzung, die auf der von Tiflis verwalteten Seite liegen. Wir versuchen, diese Fälle einzeln vor Ort, aber auch ganz grundsätzlich zu prüfen, indem wir die Beteiligten einerseits ersuchen, sich auf Prinzipien für die sichere Nutzung des Landes an der administrativen Grenzlinie und über diese hinweg zu einigen, und ihnen andererseits an Ort und Stelle zu zeigen, wo sie den Boden auf sichere Weise landwirtschaftlich nützen können. Eine weitere, übergeordnete Frage macht die Dinge jedoch noch komplizierter: laut den De-facto-Behörden in Zchinwali gehört das gesamte ihrer Kontrolle unterstehende Land in dem Gebiet dem De-facto-Staat und nicht den Bauern. Dem steht aber die Frage des Privat­eigentums und der Eigentumsrechte entgegen.

Und dann gibt es noch das Problem der Festnahmen, das mit der Grenzziehung zusammen­hängt. Die am IPRM Beteiligten bemühen sich, eine Politik herbeizuführen, bei der es zu weniger Anhaltungen kommt und Personen, die an der administrativen Grenzlinie fest­genommen wurden, sofort wieder freigelassen werden. Alle Seiten kamen überein, sofort über die Hotline über Fälle von Festnahmen zu informieren. Eigentlich ist der Betrieb der Telefon-Hotline die vielleicht wichtigste Errungenschaft des IPRM. Sie wird von allen Seiten oft – und immer häufiger – genutzt: allein im August wurde sie mehr als 200 Mal betätigt. Die EU-Beobachtermission, die auch für den Betrieb der Hotline zuständig ist, setzt sie dazu ein, um die Kommunikation in dringenden Angelegenheiten zu ermöglichen, um technische Treffen vor Ort zu organisieren oder einfach Nachrichten über die Trennlinie hinweg zu übermitteln.

Welche Nachrichten werden typischerweise über die Hotline übermittelt?

Festnahmen, Freilassungen, Strafsachen. Im Idealfall auch militärische Aktivitäten in der Nähe der administrativen Grenzlinie, wobei wir hier immer wieder mit Transparenz­problemen konfrontiert sind, aber zumindest ist das Verfahren festgelegt. Viele andere Dinge sind ebenfalls mitteilenswert, zum Beispiel das saisonale Abbrennen von Feldern. Dabei handelt es sich um eine althergebrachte Methode, die vor allem Kleinbauern verwenden, um die Felder nach der Ernte urbar zu machen. Wir werden noch vor Beginn der Frühlingssaison dazu vorschlagen, den Bauern als Möglichkeit zur Vermeidung des Problems andere Methoden zur Urbarmachung zu zeigen und ihnen eventuell mit Traktoren und land­wirtschaftlichen Geräten zu helfen. Eigentlich ein landwirtschaftliches Thema, aber derzeit wird es von den Grenzbeamten ausschließlich als Sicherheitsproblem behandelt, da sie die Ursachen der Zwischenfälle nicht berücksichtigen.

Die Vermisstenfrage wird in kooperativen Mechanismen vertraulich bearbeitet unter Leitung und Vermittlung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Auf der Liste des IKRK stehen ungefähr 2 500 Personen, die seit den Konflikten der frühen 1990er‑Jahren bis 2008 als vermisst gelten. Das IKRK hat vor kurzem seine Exhumierungstätigkeit verstärkt und konnte etliche Personen identifizieren. Das Schicksal von Vermissten aufzuklären, ist eine besonders wichtige humanitäre Tätigkeit. Es gibt einige berühmte und politisch befrachtete Fälle von Vermissten. Zur Unterstützung der Ermittlungen in diesen besonderen Fällen hat die OSZE einen unabhängigen Experten, Dušan Ignjatović, beauftragt, der uns bei unserer Arbeit unterstützt. Er darf die administrative Grenzlinie überqueren und ist auf beiden Seiten anerkannt. Von ihm stammen zwei umfassende Berichte mit einem Paket von Empfehlungen, die den Gesprächspartnern in Tiflis und Zchinwali übermittelt und mit ihnen erörtert wurden. Der Experte steht auch in engem Kontakt mit den Angehörigen der Vermissten. Wir hoffen, dass alle Familien von vermissten Personen Klarheit über das Schicksal ihrer Lieben erhalten werden.

Was könnte die OSZE anders machen?

Natürlich wäre eine weitere OSZE-Mission vor Ort gut, um über größere Kapazitäten für Programme, Hilfestellung beim Zugang zu humanitärer Hilfe, bei der Beobachtung und gezielten Förderung der Arbeit in den drei Sicherheitsdimensionen der OSZE [der politisch-militärischen, der Wirtschafts- und Umweltdimension und der menschlichen Dimension] zu verfügen. Wir haben versucht, alle Seiten davon zu überzeugen und dafür verschiedene Modelle für eine OSZE-Mission in der Region vorgestellt. Bis jetzt waren unsere Bemühungen ohne Erfolg, da die Einrichtung einer Mission immer auch eine Statusfrage ist. Die Georgier werden sagen: „Ja, wir wollen eine OSZE-Mission, aber für ganz Georgien, einschließlich Südossetien und Abchasien.“ Und die Russische Föderation wird sagen: „Wir sind auch für eine OSZE-Präsenz, aber das müssten drei Missionen sein: eine für Georgien, eine für Abchasien und eine für Südossetien.“ Dazu liegen nach wie vor einige innovative Modelle auf dem Tisch, die seit der erzwungenen Schließung der OSZE-Mission für Georgien 2009 ausgearbeitet wurden (z.B. vom griechischen Vorsitz und darauf folgenden Vorsitzen), aber sicher noch lange auf grünes Licht warten werden müssen.

Was bedeutet es für Sie persönlich, Mediator in derartigen Situationen zu sein?

Einerseits ist unsere Arbeit ziemlich intensiv: sie beinhaltet viele Reisen zu Beratungen in den Südkaukasus, aber auch nach Moskau, Wien und in andere Hauptstädte; wir sind auch für die Organisation der üblicherweise einmal im Monat stattfindenden IPRM-Treffen vor Ort mit verantwortlich, und es gibt jede Menge verschiedener Fragen und Themen, die Teil des Mediationsprozesses sind, was die Arbeit wirklich sehr interessant macht. Andererseits dürften wir als Kovorsitzende und -moderatoren der Treffen nie vergessen, dass das Mandat der Internationalen Genfer Gespräche sehr begrenzt ist: Wenn man zum Beispiel eine Organisation vertritt und nicht im eigenen Namen agiert, kann man als Mediator nicht so einfach auf eigene Erfahrungen und Ideen zurückgreifen und sich etwas einfallen lassen oder vor dem Genfer Hintergrund produktivere und problembezogenere Formate vorschlagen.

Im Südkaukasus zu arbeiten, ist wirklich sehr lohnend. Die Themen sind so vielfältig wie die Menschen. Die persönliche Zusammenarbeit mit den Menschen in diesem Rahmen ist höchst bereichernd. Und dann ist da natürlich auch die weltbekannte Schönheit der Landschaft, insbesondere der Berge. All das zusammen macht die Mission hier so interessant und zugleich einzigartig. Als ich 2010 als Botschafter der Schweiz nach Georgien kam, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass sich die Dinge so entwickeln würden. Ich bin für diese bereichernden und bewegenden Erfahrungen sehr dankbar.